Im Rahmen der Japan-Wochen an deutschen Hochschulen lud Dekan Prof. Dr. Bleuel drei hochkarätige Experten dazu ein, ihr Wissen mit den Studierenden zu teilen und ihnen einen praktischen Einblick in Japan-Fragen zu vermitteln. Die Veranstaltung war ein erneuter Beweis für den starken Praxisbezug, der akademischen Lehre an der FH D.
Teilnehmer der Diskussion waren Herr Klein von der DEG invest, Herr Römer vom IW Köln und Herr Schmidt von der JETRO. Im Fokus der Diskussion: langfristige Charakteristika der japanischen Volkswirtschaft wie z.B. Leistungsbilanzüberschüsse und deflationäre Tendenzen sowie die Auswirkungen der jüngsten Naturkatastrophe.
Näher als gedacht: die Wirtschaftsmacht in „Fernost”.
Als Wirtschaftspartner ist uns Japan sehr vertraut, doch wie lebt man dort wirklich? Die Experten stimmten darüber ein, dass das Leben in Japan dem unsrigen sehr ähnlich, wenngleich deutlich „schneller" ist. Das kolportierte Image des hart arbeitenden Japaners trifft jedoch tatsächlich zu.
Japans Wirtschaft: Stagnation auf hohem Niveau.
Seit 30 Jahren bewegt sich Japan in punkto BIP in der Spitzengruppe, belegt beim BIP den dritten Platz hinter der VR China und ist beim BIP pro Kopf auf Platz 25 der Welt.
Seit Ende der 80er musste sich die japanische Wirtschaft an ein stetes Auf und Ab sowie an Rezession und Deflation gewöhnen. Die Asienkrise traf auch Japan stark, in den Jahren 2003 bis 2007 entwickelte sich die Wirtschaft wieder sehr gut, bis auch sie von der Finanzkrise getroffen wurde (BIP -6%). 2009 stieg das BIP wieder um + 4% an.
Übereinstimmend wurde konstatiert, dass Japan ein dem deutschen sehr ähnliches „Geschäftsmodell” pflege: mit einem aus der Außenwirtschaft kommenden Stimulus, von dem man sich positive Effekte im Inland erhofft. Wie in Deutschland ist die Export- größer als die Importseite, mit dem Ergebnis deutlicher Leistungsbilanzüberschüsse.
Parallelen finden sich auch in der Struktur der japanischen Wirtschaft: ähnlich Deutschland fokussiert sich die japanische Wirtschaft u.a. auf die Herstellung von KFZ und KFZ-Teilen, Maschinen und Elektronik.
Tradition im Umbruch? Die Arbeitswelt Japans.
Die wirtschaftlichen Verwerfungen haben auch auf dem japanischen Arbeitsmarkt ihre Spuren hinterlassen. War es früher üblich, sein Arbeitsleben von Anfang bis zur Rente in ein und demselben Unternehmen zu verbringen, so hat sich die Qualität der Beschäftigungsverhältnisse in den letzten 20 Jahren grundlegend geändert. Auch die von außen so wahrgenommene Vollbeschäftigung in Japan ist mittlerweile ein Mythos: Mittlerweile sind Zeit- und Leiharbeitsverhältnisse sowie geringfügige Beschäftigung Usus. Rund 35% der Arbeitnehmer hangeln sich von einem Zeitvertrag zum anderen. Viele Betroffene melden sich gar nicht erst als arbeitslos, denn sie befürchten, „das Gesicht zu verlieren”. In Japan muss man einfach Arbeit haben, sie gilt als wichtiger Beitrag des Einzelnen zur Gesellschaft. Daher sind dort auch einfachste Tätigkeiten wie Baustellenabsicherung oder Parkplatzwächter nicht verpönt.
Japan – das etwas andere Griechenland.
Eine weitere Frage des Moderators, Prof. Dr. Bleuel, konfrontierte die Zuhörer mit einem wenig bekannten Faktum. „Die Staatsverschuldung Japans liegt bei 200% des Sozialproduktes und ist somit höher als die Griechenlands. Warum ist das für Japan kein Problem?“ Die simple Antwort: Die Inländer halten die Schulden...
Die dreifache Katastrophe: Erdbeben, Tsunami und Tepco.
Zum Ende der Diskussion wurden auch die Auswirkungen der jüngsten Naturkatastrophe thematisiert. Vor dem Hintergrund der medialen Berichterstattung wurde die Frage gestellt, ob die Japaner tatsächlich so gefasst und ruhig seien. Nach einhelliger Expertenmeinung ist die japanische Mentalität tatsächlich so, man hält zusammen und packt gemeinsam an.
Nichtsdestotrotz zog sich Tepco, der Betreiber des Unglücks-AKWs Fukushima, aufgrund seiner Verschleierungs- und Verzögerungstaktik den Zorn und die Entrüstung der Öffentlichkeit zu. Dieses für japanische Firmen untypische Verhalten ließe sich nur durch die Marktmacht des Oligopolisten Tepco, sowie seine Verflechtung mit der Politik erklären.
Zum guten Schluss gaben die Experten noch einen positiv gestimmten Ausblick auf die wirtschaftlichen Folgen:
*Ein japanisches Gesetz garantiert dem Volk Sonnenschein.