Zusammen mit Dr. Patricia Hogwood, Politikwissenschaftlerin an der University of Westminster in London, veranstaltete Prof. Dr. Lothar Funk – Dozent für Volkswirtschaftslehre und internationale Wirtschaftsbeziehungen an der FH D – am 20. und 21. September 2012 die jährlich stattfindende Tagung der Expertengruppe deutsche Politik in der Political Studies Association (PSA). Die PSA ist die wichtigste Vereinigung von Sozialwissenschaftlern in Großbritannien. Dr. Hogwood ist Leiterin der Expertengruppe und Prof. Funk in diesem Jahr der lokale Organisator. Die Veranstaltung findet jeweils im Wechsel an verschiedenen Orten in Großbritannien und Deutschland statt.
Im Mittelpunkt der Tagung unter dem Titel „Germany 2012: Work, Welfare and the Eurozone Crisis“ standen in diesem Jahr wirtschaftspolitische Fragestellungen zu Entwicklungen des Arbeitsmarktes bzw. der Sozialpolitik, den aktuellen Perspektiven in der Eurozone sowie zu neueren Entwicklungen bei Versuchen, die Effizienz staatlicher Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen zu erhöhen.
Zur Einstimmung fand am Vorabend ein Dinner für die Redner mit einer Begrüßungsrede von Dekan Prof. Dr. Hans-H. Bleuel und informellen Diskussionen statt. Panel 1 beschäftigte sich am nächsten Morgen mit der Rolle Deutschlands in der aktuellen Wirtschaftskrise der Eurozone, die bisher vor allem die Wirtschaftsdaten der südlichen Länder abstürzen ließ. Prof. Funk ging auf die spezielle Lage Deutschlands ein, das im Gegensatz zu vielen Nachbarländern vor allem bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit besser dasteht als zuvor. Deutschland wird daher vor allem im Ausland einerseits als Vorbild, angesichts seiner relativen Stärke aber auch in einer hegemonialen Position gesehen. Diese Hegemonie-These beleuchtete Funk von verschiedenen Facetten. Im Anschluss beschäftigte sich auch der Volkswirtschaftsprofessor Dr. Rainer Hillebrand von der Hochschule Fulda ausführlich mit der Frage, ob Deutschland ein „Hegemon wider Willen“ sei und erörterte die Bedeutung des Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft für diese Debatte. Die Hegemonie-These, die gerade unter deutschen Ökonomen bisher nur wenig aufgegriffen worden ist, wurde im Anschluss rege diskutiert.
Dr. Hagen Lesch hielt danach als gesondert eingeladener ausgewiesener Experte eines führenden Wirtschaftsforschungsinstituts die Keynote-Speech zum Thema „Arbeit und Fairness: Die Suche nach dem gerechten Lohn“. Der Vortrag stellte nach einer theoretischen Einführung interessante neue statistische Befunde zum Thema vor – etwa das zunächst unerwartete empirische Ergebnis, dass auch potenzielle finanzielle Nutznießer eines gesetzlichen Mindestlohns von € 8.50 keineswegs einhellig für eine solche Neuregelung votieren. Der Vortrag beruht auf einer preisgekrönten Studie und mehreren weiteren Arbeiten, an denen Dr. Lesch federführend mitgearbeitet hat. Dr. Lesch ist Leiter des Kompetenzfelds Strukturwandel, Verteilung, Lohnfindung am renommierten Kölner Institut der deutschen Wirtschaft und einem breiteren Publikum durch zahlreiche Expertenstatements in Hörfunk und Fernsehen sowie in der Presse bekannt.
Am Nachmittag beschäftigte sich Prof. Dr. Agnese – Gastprofessor an der FH D für International Business Economics – mit einem ökonometrischen Vergleich zwischen den Entwicklungen wichtiger Indikatoren wie Beschäftigung und Arbeitslosigkeit am spanischen und irischen Arbeitsmarkt. Beides sind Länder, die besonders von der Krise in der Eurozone betroffen worden sind, deren Arbeitsmärkte jedoch sehr verschieden ausgestaltet sind. Im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion stand die Frage, welche wirtschaftspolitischen Schlüsse diese Länder ziehen sollten, um die großen Probleme nachhaltig zu überwinden und welche Lehren sich dabei aus den Erfahrungen Deutschlands ergeben könnten.
Den Abschluss der Tagung bildete ein Vortrag von Dr. Thomas Krumm, Habilitand am Lehrstuhl für Europäische Regierungssysteme im Vergleich der Technischen Universität Chemnitz. Er stellte sein empirisches Projekt „Staatlichkeit im Wandel: Öffentlich-private Partnerschaften im internationalen Vergleich“ vor. Bei dieser Form des Wandels staatlicher Aufgabenerfüllung behält die öffentliche Hand im Unterschied zur Vollprivatisierung eine stärkere und direkte Kontrolle über die zu erbringenden Leistungen. Dr. Krumm ging dabei insbesondere auch auf die unterschiedliche Nutzung von „Public Private Partnerships“ in den Bundesländern im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern ein und stellte mögliche theoretische Effizienzgewinne heraus, die jedoch keineswegs immer sicher in der Praxis realisiert werden können.
Die Teilnehmer haben die Tagung und den bewusst interdisziplinär angelegten wissenschaftlichen Austausch als sehr inspirierend für die weitere Forschung angesehen. Der Fachbereich plant daher weitere Projekte dieser Art.
Fotos und redaktionelle Bearbeitung: Thomas Grischkat